Legal Management - Business Storytelling
Mannesmann-Prozess
Beim spektakulärsten Prozess der deutschen
Wirtschaftsgeschichte handelte es sich um das
Verfahren gegen sechs ehemalige Mannesmann-
Verantwortliche, darunter den Vorstandsvorsitzenden
der Deutschen Bank Josef Ackermann und den
ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Mannesmann-
AG Klaus Esser, die aufgrund des Vorwurfes schwerer
Untreue, bzw. der Beihilfe zur schweren Untreue,
im Zusammenhang mit Prämienzahlungen nach
der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone
im Jahr 2000, angeklagt wurden. Insbesondere die
Höhe der gezahlten Prämien, die Prominenz einiger
Angeklagter und die zu entscheidende, damals
ungeklärte Rechtsfrage, ob es zulässig ist, Angestellten
Prämien zu gewähren, auf die sie nach ihrem
Dienstvertrag keinen Anspruch haben, verschafften
dem Prozess große Aufmerksamkeit in Medien und
Öffentlichkeit.
Bei der Übernahme des deutschen Traditionsunternehmens
Mannesmann durch das britische
Unternehmen Vodafone am 3. Februar 2000 handelte
es sich um die größte und teuerste Firmenfusion der
bisherigen Wirtschaftsgeschichte.
Am 17. Februar 2003 erhob die Staatanwaltschaft
Düsseldorf Anklage wegen „gemeinschaftlicher Untreue
in einem besonders schweren Fall“ gegen sechs
ehemalige Mannesmann-Verantwortliche.
Zu den sechs Angeklagten gehörten:
- Joachim Funk, ehemals Vorstandvorsitzender und
Aufsichtsratschef der Mannesmann-AG,
- Klaus Zwickel, ehemals Vorsitzender der IG-Metall,
- Jürgen Ladberg, ehemals Betriebsratsvorsitzender
der Mannesmann-AG,
- Josef Ackermann, ehemals Vorsitzender des
Vorstandes der Deutschen Bank,
- Klaus Esser, ehemals Vorstandsvorsitzender der
Mannesmann-AG und
- Dietmar Droste, damals Leiter der Abteilung für die
Betreuung der Vorstandsmitglieder.
Die Anklage gegen die sechs Manager gründete
sich darauf, dass der Aufsichtsrat von Mannesmann
dem Vorstand des Unternehmens Abfindungen
und Prämien in Höhe von rund 58 Millionen Euro
zubilligte, als feststand, dass die Firma vom britischen
Konzern Vodafone übernommen werde. Allein der
ehemalige Vorstandsvorsitzende der Mannesmann-
AG Klaus Esser erhielt fast 30 Millionen Euro. Da
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er dem Aufsichtsrat nicht angehörte, wurde er nur
wegen Beihilfe zur Untreue angeklagt. Weitere
Anklagen gegen ihn aufgrund des Vorwurfes, er
habe sich die Zustimmung zur Übernahme abkaufen
lassen, wurden vom Gericht nicht zugelassen.
Am 22. Juli 2004 ging der Prozess nach 24 Wochen,
37 Verhandlungstagen und 55 Zeugenaussagen zu
Ende. Alle sechs Angeklagten wurden freigesprochen.
Im Laufe des Verfahrens wurden zahlreiche
prominente Zeugen vernommen, unter anderem
Chris Gent (Ex-CEO Vodafone), Julian Horn-
Smith (COO Vodafone), Canning Fok (Managing
Director Hutchison Whampoa), Alexander Dibelius
(Deutschlandchef Goldman Sachs) und Henning
Schulte-Noelle (Aufsichtsratschef Allianz). Das
Landgericht stellte fest, dass bei der Gewährung der
Anerkennungsprämie für den Vorstandsvorsitzenden
Esser und vier weitere Vorstandsmitglieder die
Angeklagten Funk, Ackermann und Zwickel
aktienrechtlich pflichtwidrig gehandelt und ihre
gegenüber der Mannesmann AG obliegende
Vermögensbetreuungspflicht verletzt hätten.
Jedoch sei bei risikoreichen unternehmerischen
Entscheidungen Voraussetzung für die Strafbarkeit
wegen Untreue eine „gravierende“ Pflichtverletzung,
die bei den Angeklagten zu verneinen sei. Deshalb
hätten die Angeklagten Esser und Droste hierzu
auch nicht Beihilfe leisten können. Hinsichtlich
der Gewährung einer Anerkennungsprämie für
den Angeklagten Funk hätten die Angeklagten
Ackermann und Zwickel zwar den Tatbestand der
Untreue erfüllt, da hier eine gravierende Verletzung
der Vermögensbetreuungspflicht vorliege. Jedoch
hätten sich, so das Gericht, die Angeklagten in
einem juristisch sehr seltenen unvermeidbaren
Verbotsirrtum befunden, da sie subjektiv meinten im
Recht zu ein.
Die Wende kam am 21. Dezember 2005 als der
Bundesgerichtshof die Freisprüche aufgrund einer
Revision der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft
gegen das Urteil, dem sich die Bundesanwaltschaft
angeschlossen hatte, aufhob. Der BGH entschied,
dass sich die Angeklagten nach den Feststellungen
des Landgerichts der Untreue bzw. der Beihilfe
hierzu schuldig gemacht haben und dass das
Landgericht keine ausreichenden Feststellungen
dazu getroffen habe, dass sich die Angeklagten in
einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden
hätten. Demzufolge verwies der BGH die Sache zu
neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere